Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft (KAG) Oberzentrum Südthüringen zieht eine positive Bilanz: Trotz politischer Unsicherheiten haben die vier Städte Oberhof, Schleusingen, Suhl und Zella-Mehlis ihre Zusammenarbeit erfolgreich vertieft. Mit dem turnusgemäßen Vorsitzwechsel zum 1. Juli sendet die KAG ein deutliches Signal der Kontinuität und des Aufbruchs. Zugleich erinnert die KAG die Landesregierung an ihre Pflicht aus dem Koalitionsvertrag: Das Landesentwicklungsprogramm zu prüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.
„Wir haben in den letzten zwölf Monaten gezeigt, was unsere interkommunale Zusammenarbeit schaffen kann – vor allem in den Bereichen Wirtschaftsförderung, Lebensqualität und Sichtbarkeit“, so André Knapp, Oberbürgermeister der Stadt Suhl. Von Juli 2024 bis Juni 2025 war er Vorsitzender der KAG. Nun hat Alexander Brodführer, Bürgermeister der Stadt Schleusingen, den Vorsitz für ein Jahr inne.
Meilensteine der vergangenen Monate
Was im letzten Jahr gemeinsam geleistet wurde, lässt sich sehen. Mit drei Wirtschafts-Netzwerkveranstaltungen – vom Empfang in Oberhof über ein innovatives Speed-Dating im Medienhaus Freies Wort bis zum dialogorientierten Abend bei Wiegand-Glas mit Thüringer Wirtschaftsministerin Colette Boos-John – wurde der Austausch mit der lokalen Wirtschaft in den Kompetenzbranchen Präzisions- und Glasbehältertechnologie deutlich vertieft. Ergänzt wurden diese durch zwölf gemeinsame Unternehmensbesuche bei Firmen wie Schaeffler, Bruse, Boehm, SZM Spannwerkzeuge und Vision & Control. Dabei gewannen die Bürgermeister und die AG Wirtschaftsförderung direkte Einblicke in unternehmerische Bedarfe, die in die regionale Arbeit einfließen. „Diese Gespräche sind essenziell, um nicht an den Bedarfen vorbeizuplanen. Wir hören genau hin – und setzen dann gemeinsam um“, betont André Knapp.
Auch die Zusammenarbeit mit Vereinen und Ehrenamtlichen wurde gestärkt: Die Veranstaltungsreihe „Vereinsgeflüster“ bot niedrigschwellige Austauschformate zu Themen wie z. B. Social Media und Versicherungen an. „Allem voran steht der Austausch unter den Teilnehmern. Es entstehen neue Kooperationen – da wird eine Tanzlehrerin für Benshausen gefunden oder eine gemeinsame Lesung der Bibliotheken für Oktober 2025 geplant.“, beschreibt der scheidende Vorsitzende Knapp.
Zudem hat die KAG ihre Sichtbarkeit ausgebaut: Die Website verzeichnet stetig steigende Seitenaufrufe, vor allem der gemeinsame Veranstaltungskalender der vier Städte wird gut angenommen. Pressemitteilungen, Social-Media-Beiträge, ein Newsletter und Werbeaktionen wie ein Video für den Suhler Aschermittwoch sorgen für sichtbare, regionale Kommunikation. Überregionale Präsenz zeigt die KAG durch Präsentationen auf Fachkongressen und Transferwerkstätten. Auch die gemeinschaftliche Vermarktung von Veranstaltungen hat an Bedeutung gewonnen – etwa bei Weltcups, Stadtfesten, Märkten, der Nordischen Kombination oder dem Rats Run.
Ziele für das kommende Jahr
Auch mit dem Vorsitzwechsel bleibt der Kurs der KAG klar: „Mit gezielten Maßnahmen wollen wir die Wirtschaft stärken und die Lebensqualität für die Menschen in unserer Region verbessern. Dabei nehmen wir die Anliegen vor Ort ernst und setzen konkrete Projekte um, die nachhaltig wirken. Dafür setzen wir uns mit ganzer Kraft ein“, betont der neue Vorsitzende, Alexander Brodführer. So hat sich die KAG für die kommende Arbeitsphase erneut viel vorgenommen: Veranstaltungen wie der Citybiathlon – am 17. August im Rahmen des Oberhofer Stadtfestes – werden wieder aufgelegt. Unternehmen, Bürger und Gäste sind eingeladen, sich als Staffel zu beteiligen. Parallel startet der Aufbau eines eigenen Facebook- und Instagram-Kanals, um die Öffentlichkeitsarbeit noch zielgerichteter und sichtbarer zu gestalten. Der gemeinsame Veranstaltungskalender erhält Schnittstellen zu Partnerinstitutionen wie der Oberhof Information oder dem Congress Centrum Suhl (CCS). Die Einführung eines digitalen 4-Städte-Gutscheins wird im August angegangen. Ab September beginnt zudem eine zertifizierte Gästeführerschulung in Kooperation mit der Volkshochschule Suhl und dem CCS. Ziel ist es, Führungen in allen vier Städten einheitlich und qualitätsvoll anbieten zu können. Für Unternehmen und Vereine sind weitere Netzwerkabende und das „Vereinsgeflüster“ geplant. Der Austausch mit der Wirtschaft wird durch Unternehmensbesuche und Unternehmerfrühstücke vertieft. Auch die tägliche Zusammenarbeit der vier Stadtverwaltungen soll durch Strategietreffen und Mitarbeiterrunden weiter wachsen.
Im Fokus: Gemeinsamer Zweckverband
Im Fokus des kommenden Arbeitsjahres steht darüber hinaus die Gründung eines gemeinsamen Zweckverbands mit eigener Personal- und Finanzstruktur. Die Vorbereitungen sind bereits weit fortgeschritten, im Herbst soll eine gemeinsame Stadtratsrunde die Gründungsvereinbarung beschließen. „Jetzt geht es darum, unsere Strategien zu institutionalisieren und die Arbeit der KAG dauerhaft in stabile Strukturen zu überführen. Im ersten Schritt geht es dabei konkret um die gemeinsame Wirtschaftsförderung und Kommunikation“, so Alexander Brodführer. Für ihn ist klar: „Der Zweckverband steht für Qualität statt Quantität. Statt Einzelinteressen bündeln wir gemeinsames Können und schaffen mehr Schlagkraft – auch gegenüber dem Land.“
Erwartungen an die Landespolitische Verantwortung
Der politische Kontext bleibt weiterhin herausfordernd. Trotz fachlich fundierter Argumente für die bisherige Viererstruktur der Städte Oberhof, Schleusingen, Suhl und Zella-Mehlis hat die frühere Thüringer Landesregierung im Juli 2024 die Erweiterung des Oberzentrums auf sechs Städte beschlossen – mit Meiningen und Schmalkalden. Eine Neubewertung dieser Entscheidung sowie die Überarbeitung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) stehen weiterhin aus.
Besonders problematisch zeigt sich für die KAG die aktuelle Situation in der Regionalen Planungsgemeinschaft (RPG): Zella-Mehlis, Meiningen und Schmalkalden haben ihre bisherigen Sitze verloren, sodass nun nur noch drei Sitze für alle sechs Städte verbleiben. Zwei davon sind bereits für Suhl aufgrund seiner Kreisfreiheit reserviert, sodass sich ein einziger Sitz auf Meiningen, Schmalkalden, Zella-Mehlis und Schleusingen aufteilen muss. Es ist fraglich, ob hier alle Interessen gleichberechtigt und mit ausreichend Gewicht vertreten werden können. Die RPG hat deshalb angeregt, dass alle Beteiligten an einen Tisch kommen sollten. Die KAG blickt diesen Gesprächen mit Interesse entgegen und schlägt vor, dass bei dieser Runde auch Vertreter des Landes, in Form des zuständigen Thüringer Ministers für Inneres, Kommunales und Landesentwicklung, Georg Meier sowie Staatssekretär für Kommunales und Landesentwicklung, Andreas Bausewein, direkt mit am Tisch sitzen.
„Wir sind besorgt, dass wichtige raumordnerische Entscheidungen zu wenig an den realen Gegebenheiten vor Ort ausgerichtet sind. Wir brauchen jetzt klare Maßnahmen, die unseren Wirtschaftsraum stärken – keine Verwässerung“, so der neue KAG Vorsitzende Brodführer. Zusammen mit seinen Amtskollegen macht er die Landespolitik auf Folgendes aufmerksam: „Wir möchten Ministerpräsident Mario Voigt an seine Einschätzung aus Oppositionszeiten erinnern, wonach eine Neubewertung der Größe des Oberzentrums Südthüringen dringend geboten sei.“
Mit dem Vorsitzwechsel setzt die KAG ein Signal der Kontinuität und des Aufbruchs zugleich: Die Kommunen Oberhof, Schleusingen, Suhl und Zella-Mehlis bleiben auf Kurs – für eine starke, selbstbewusste und zukunftsfähige Region im Süden Thüringens.